Neuer Zwölf-Apostel-Kirchhof

Der Neue Zwölf-Apostel-Kirchhof

Was der „Germania Wahn“ übrig gelassen hat

Die Kapelle

Als im Jahr 1882 der Kirchhof der Zwölf-Apostel-Gemeinde an der heutigen Kolonnenstraße vollständig belegt worden war, entschied man sich am Werdauer Weg einen zweiten Gemeinde-Kirchhof am zu gründen. 1883 fanden auf dem Neuen Zwölf-Apostel Kirchhof die ersten Beisetzungen statt.

Auch auf diesem Kirchhof fanden im Laufe der Jahre zahlreiche bedeutende Persönlichkeiten ihre letzte Ruhestätte. Besondere Beachtung verdient die von Paul Egeling gestaltete Friedhofskapelle, ein intimer Raum, der für Trauerfeiern und Andachten einen angemessenen Rahmen bildet. Egeling, der auch das Schöneberger Stadtwappen geschaffen hat, hatte seine Ruhestätte ebenfalls auf dem Neuen Zwölf-Apostel-Kirchhof.

Grabstätte Philipp Spitta

In der NS Zeit wurde der Friedhof von den größenwahnsinnigen Plänen Albert Speers, der Berlin zur "Reichshauptstadt Germania“ umgestalten wollte, ganz unmittelbar betroffen. Über zwei Drittel der Fläche wurde für den geplanten Bau des „Südbahnhofs“ entwidmet und somit dem Friedhof entzogen, zahlreiche Gräber wurden zum Friedhof nach Stahnsdorf umgebettet. Sicher wäre der Friedhof vollständig vernichtet worden, doch stoppte der 1939 beginnende 2. Weltkrieg die weitere Durchführung der Pläne.

Nach dem Krieg erhielt der Kirchhof seine ursprüngliche Dimension nicht wieder. Das Gelände, das dem Friedhof für den Germaniawahn entzogen wurde, dient heute als Fläche für die Berliner Stadtautobahn. So hat das 20. Jahrhundert auf diesem Kirchhof deutliche Spuren hinterlassen. Insoweit ist es angemessen, dass auf dem Neuen Zwölf-Apostel-Kirchhof ein großes Feld mit Kriegsgräbern an die Opfer des Krieges erinnert und die Lebenden zum Frieden mahnt.

Gemeinsam Leben - gemeinsam trauern 

In dem Stadtteil, in dem der Neue Zwölf-Apostel-Kirchhof liegt, in Schöneberg, leben Menschen mit ganz unterschiedlichen kulturellen und religiösen Identitäten. Als Stadtteil - Friedhof möchte sich dieser Kirchhof seinem Kiez öffnen, denn er versteht sich als ein Teil davon. Die Zeiten, in denen ein evangelischer Friedhof ausschließlich für Menschen dieser Konfession vorbehalten war, sind längst vorbei. Und so möchte der Neue Zwölf-Apostel-Kirchhof gerade auch für Menschen muslimischen Glaubens Möglichkeiten einer würdevollen Beisetzung schaffen. Denn es gibt keinen Grund, dass Menschen, die im Alltag gemeinsam in ihrem Kiez gelebt und gearbeitet haben, nicht auch gemeinsam an einem Ort trauern können. So liegt die Zukunft des Neuen Zwölf-Apostel-Kirchhofs in einer interreligiösen Ausrichtung und wird damit für Berlin einen Modellcharakter haben.