Geschichte der Zwölf-Apostel-Kirchengemeinde

 

Wie alles begann:

Mitte des 19. Jahrhundert veränderte sich Berlin rasant. Nachdem um 1860 im Norden der damals selbständigen Stadt Schöneberg die Bevölkerungszahl sprunghaft stieg, beschloss die Berliner Kirchenbehörde 1862  eine neue Gemeinde zwischen Schifffahrtskanal (heute Landwehrkanal) und „Alt Schöneberg“ einzurichten. Sie erhielt auf Anordnung von Kaiser Wilhelm I den Namen Zwölf-Apostel-Gemeinde.  Mit der Erbauung der Zwölf-Apostel-Kirche wurde der Schinkel-Schüler Friedrich August Stüler beauftragt.

Im Oktober 1871  fand im Beisein von Kaiser Wilhelm I, die Grundsteinlegung für die heutige Zwölf-Apostel Kirche statt. Nachdem Stüler 1865 verstarb, übernahm Herrmann Blankenstein die Bauausführung nach den Plänen Stülers. Eine Besonderheit dieses Bauwerkes war seine Ausrichtung nach Süden im Gegensatz zur üblichen Ausrichtung nach Osten.

Am 11. Juni 1874  konnte die Zwölf-Apostel-Kirche eingeweiht werden. In der dreischiffigen Hallenkirche gab es damals Sitzplätze für 1250 Besucherinnen und Besucher. Durch Spenden und Sammlungen innerhalb der Gemeinde konnte nach und nach das Kircheninnere ausgestaltet werden. Die erste Orgel lieferte die Firma Dinse.


Zeichnung von H. Hertter aus der Festschrift zum 50. Jubiläum der Zwölf-Apostel-Gemeinde

Bereits im Jahr 1880  war die Zwölf-Apostel Gemeinde so sehr angewachsen, dass die Sitzplätze in der Kirche nicht mehr ausreichten, die Gemeindeleitung beantragte den Bau einer weiteren Kirche. Nach vielen Anläufen wurde diesem Antrag stattgegeben und schließlich 1894 die Lutherkirche  auf dem Dennewitzplatz als „Ausgründung“ der Zwölf-Apostel-Kirche eingeweiht (heute ist die Kirche als „American Church“ bekannt).

Im ersten Weltkrieg, 1917,  wurden zwei der drei Bronze-Glocken für die Rüstung beschlagnahmt, nur die kleinste Glocke durfte weiterhin zum Gottesdienst läuten. 1924  konnten drei neue Glocken, dieses Mal aus Stahlguss gefertigt, installiert und geweiht werden. 

Link Glocken der Zwölf-Apostel-Kirche

 

Nationalsozialismus und zweiter Weltkrieg

In der Zeit des Nationalsozialismus tobte der Kirchenkampf zwischen „Bekennender Kirche“ und „Deutschen Christen“ auch in dieser Kirche und Gemeinde. In der Zeit von 1922 bis 1948  war Adolf Kurtz  (Bekennende Kirche) Pfarrer in Zwölf Apostel. Im August 1936  spricht  Dietrich Bonhoeffer in der Zwölf-Apostel-Kirche

 

Im zweiten Weltkrieg, am 22. und 23. November 1943  -  wurde die Kirche durch zahlreiche Luftangriffe schwer zerstört. Besonders betroffen waren Kirchturm, Kirchdach, Fenster, Türen und die Sakristei, Heizung und Orgel funktionierten auch nicht mehr.

Gleich nach Kriegsende 1945  begann die Gemeinde mit der Behebung der Kriegsschäden u. a. mit einem Notdach und der Schließung der Fensteröffnungen. 

Hierfür spendete die Familie der Spirituosenfirma GILKA, die in der Gemeinde wohnte, mehrere tausend leere Ginflaschen, dadurch konnten alle Fensteröffnungen geschlossen werden und der Besuch des Gottesdienstes wurde wieder möglich. Auf der Empore im rechten und linken Seitenschiff sind noch heute „Schnapsflaschen-Fenster“ zu sehen, sie stehen inzwischen unter Denkmalschutz.

17. November: 1946  übergibt Bischof Otto Dibelius in einem feierlichen Gottesdienst die Zwölf-Apostel-Kirche aufs Neue ihrer Bestimmung.

 

Die Zwölf-Apostel-Kirche erneuert sich:

In den folgenden Jahren wurde die Kirche weiter renoviert und – nach Maßgabe 

vorhandener Mittel - umgestaltet.  Ggf.Foto:  Altarraum  1959 (Gedenkschrift von 1974)

1968  musste die alte, stark sanierungsbedürftige Dinse-Orgel entfernt und durch eine neue

Orgel aus der berühmten Orgelbauwerkstatt Schuke ersetzt werden.

Link Die Schuke Orgel

 

Eine weitere umfassende Renovierung fand 1969  statt. Die Kirche bietet jetzt 840 Sitzplätze, bei besonderen Gottesdiensten oder Konzerten sind sie auch heutzutage  belegt.

 

Etwas ganz Besonderes sind die farbenprächtigen, ausdrucksstarken Bleiglasfenster in der Apsis, in der Kapelle und in den unteren Seitenschiffen. Wir verdanken sie dem Berliner Maler Alfred Kothe (1925 – 1995) und dem Kunstglasermeister Detlev Graw (1941 – 2011). Von 1960 – 1992  entstanden in dieser wunderbaren Zusammenarbeit alle Farbglasfenster in der Zwölf-Apostel-Kirche. Immer wieder sind Kirchenbesucher verblüfft über ein besonderes Detail an einigen dieser Fenster -  nämlich Katzen im Kirchenfenster. Sogar im Weihnachtsbild gesellt sich eine Katze zu den „üblichen“ tierischen Gästen wie Ochs und Esel, um das Jesuskind zu begrüßen. Kothe war ein stadtbekannter Katzenliebhaber – und hier an der Krippe, sowie in 2 anderen Fenstern, ist wohl „Auguste“, seine Katze verewigt. Ggf. Weihnachtsbild mit Katze

Die Fenster von Kothe und Graw in Zwölf-Apostel   

 

Die noch erhaltenen „Schnapsflaschen-Fenster“ und die farbigen Glasfenstern prägen heute den Kirchenraum und erfreuen alle Besucher*innen.

 

 

Bis 1988  konnten in einer vollständigen Außensanierung der Kirche und des Turmes letzte Kriegsschäden behoben werden. Als letzte Baumaßnahmen fanden von 1991 bis 1994  die vollständige Innensanierung, die Erweiterung der Schuke-Orgel und abschließend die Umgestaltung des Chor- und Innenraums (Taufbecken. Leuchter. Ambo. Vasa sacra) statt.

Ggf. Altarraum – unsere Postkarte von 2009 Fotograf O. Meibert

 

Seit 2003   gibt es  an den Sonnabenden zwischen 11.00 Uhr und 15.00 Uhr die „Offene  Kirche“ für Besucher*innen aus Nah und Fern.  Link: „Offene Kirche

 

2004  wurde das 130. Kirchweih- Jubiläum  mit einer Festwoche begangen, u. a. mit der Ehrung des früheren Pfarrers Alfred Kurtz (Bekennende Kirche), ein von Alfred Kothe gemaltes Portrait ist  im Eingangsbereich der Kirche zu betrachten.

 

2014  - anlässlich des 140. Kirchweih–Jubiläums - feierte die Gemeinde gleichzeitig den  inzwischen 150 Jahre alten „Alter Zwölf-Apostel-Kirchhof“, einen der drei zur Gemeinde gehörenden Kirchhöfe.

 

Sabine Herm

Flyer - Geschichte der Kirche (deutsch)

Flyer - From Foundation to the present (English)